Interview mit CED-Nurse DGKS Ivana Schmale / CED-Ambulanz AKH Wien

Interview mit CED-Nurse DGKS Ivana Schmale / CED-Ambulanz AKH Wien

Die diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester Ivana Schmale arbeitet seit November 2019 auf der gastroenterologischen Ambulanz des AKH Wien als CED-Nurse für Chronisch Entzündliche Darmerkrankungen. In Gesprächen mit CED-Patienten gibt sie sowohl eine allgemeine Einführung in diese Thematik als auch individuelle Beratungen und Therapieschulungen für unterschiedliche Biologika.

Nach Diagnosestellung werden Sie vermutlich oft mit Ängsten gegen die medikamentöse Therapie – schlichtweg aus Angst vor Nebenwirkungen – konfrontiert? Eventuell auch mit den Argumenten: „Was ist, wenn mein Körper das Medikament gar nicht verträgt …?“, „Mein Immunsystem wird ja damit unterdrückt?“ etc. – wie gehen Sie bei diesen Patienten auf die Ängste ein?
Als erster Ansprechpartner bespricht der behandelnde Arzt im Rahmen der Aufklärung über die Therapie bzw. das Medikament mögliche Ängste mit den Patienten. Meine Aufgabe als CED-Nurse sehe ich darin, dass ich mit Patienten in den Folgegesprächen so ehrlich wie möglich umgehe. Das verläuft natürlich individuell sehr unterschiedlich, ich versuche auf den momentanen Zustand des Patienten und seine Gefühle und Ängste einzugehen. Jeder Patient hat andere Bedürfnisse, andere Sorgen.

Im Verlauf einer Therapie bringt nur eine gewisse Konsequenz (im Sinne von Therapietreue) Erfolg, außer die Therapie muss wegen „Nichtanschlagens“ tatsächlich umgestellt werden. Wie besprechen Sie das – in Situationen des Zweifelns an der Fortführung der Therapie – mit den Betroffenen?
Ich achte darauf, den Patienten (auch mehrmals, wenn notwendig) aufzuklären. Die Patienten können mich auch von zu Hause jederzeit entweder telefonisch zu den Klinikzeiten oder per E-Mail kontaktieren, dann antworte ich oder eine/r meiner Kollegen innerhalb von 24 Stunden auf diese Mailanfrage. Sollte es nötig sein, kann auch ein gemeinsames Treffen zwischen Patient, mir und dem behandelnden Arzt vereinbart werden, um eventuelle Zweifel und Unsicherheiten zu besprechen. Mir ist es wichtig, dass Patienten sich trauen, alle Probleme anzusprechen.

Was veränderte sich aus ihrer Berufserfahrung gegenüber früher (z.B. sind die Patienten besser informiert oder eher das Gegenteil – durch Internet, Social Media desinformiert und „sitzen“ eher Falschinfos auf)?
Durch die neuen Medien hat sich die Informationslage der Patienten schon verändert, aber sie sind dadurch nicht verunsichert sondern informierter. Die Patientenpopulation hat sich auch gewandelt: Wir haben zunehmend Patienten der jüngeren Generation, die auch genau die seriösen Informationsquellen im Internet kennen. Diese Patienten kommen daher schon mit Vorwissen und stellen gezielt Fragen.

Bedingt durch die Pandemiesituation der vergangenen beiden Jahre änderte sich die Kontaktmöglichkeit zu Patienten. Inwiefern veränderte sich hier die Aufrechterhaltung der Kontakte und laufenden Betreuung der CED-Patienten an Ihrem Haus?
Mir scheint, dass sich die Kontaktmöglichkeiten für Patienten in der Pandemiesituation verbesserte, da die Erreichbarkeit von uns besser wurde. Der Extraschalter für CED-Patienten wurde an unserer Klinik wieder aktiviert, was sehr lange nicht der Fall war. Zusätzlich wurde eine eigene Telefonleitung und eine E-Mail Erreichbarkeit für CED-Betroffene installiert.

Besteht auch in der altersmäßig älteren Patientengruppe die Bereitschaft über neue Medien mit Ihnen zu kommunizieren?
Ältere Patienten kommunizieren in der Mehrzahl eher telefonisch mit uns. Aber wie schon vorher gesagt, die Patienten, die uns mehrheitlich aufsuchen, wurden jünger – sind etwa im Alter zwischen 30 und 50 Jahren. Aber ich bin jedenfalls auch laufend telefonisch für alle Patienten erreichbar, diese Kontaktmöglichkeit ist mir sehr wichtig. Etliche im Berufsleben stehende Patienten können oder wollen z.B. nicht während des Tages (vor den Arbeitskollegen) anrufen, diese melden sich dann lieber übers Internet.

Wie ist das Selbstmanagement bei Patienten motivierbar?
In meinen Gesprächen erkläre ich den Patienten das medizinische Vorgehen bzw. was passieren kann, wenn die Therapie nicht eingehalten wird. Der Patient muss sich dann entscheiden, ob er diese Behandlung mitträgt oder sie ausschlägt. Gemeinsam wird bei Zustimmung die Behandlungsvorschau aufgrund des ärztlichen Therapieplans erstellt.

Welche Themen werden am häufigsten bei Ihnen angesprochen?
Von Patienten, die schon lange in Behandlung sind, werden hauptsächlich organisatorische Fragen gestellt. Gerade erst Diagnostizierte wollen viel zur Therapie und dem möglichen Verlauf wissen, haben viele Ängste vor der weiteren Zukunft. Diese lässt sich natürlich nicht vorhersagen, denn bei jedem verläuft die Therapie anders, nicht jeder spricht auf ein Medikament gleich an. Viele wollen wissen, wie lange die Therapie dauern wird, auch das lässt sich nicht von vornherein sagen. Die Therapie wird aber genau besprochen und vor allem die mögliche Bandbreite an Komplikationen erklärt, damit der Patient zu Hause dann – entsprechend vorgewarnt – darauf achtet und rechtzeitig im Krankenhaus nachfragt.
Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder jene, die schubauslösend sein können, werden auch oft nachgefragt.
Dann ist auch zu unterscheiden, ist das Gespräch eine Beratung (Organisation, Ernährung, Sexualität, …) oder eine Schulung (z.B. zur richtigen Anwendung/Injektion eines Medikaments, dem Handling der verschriebenen Medikamente).

Bei oft langen Wartezeiten (trotz Terminen) gibt es dafür sicher auch Unverständnis – wie erklärt man verärgerten, besorgten Patienten die Situation?
Bei auftretenden Akutproblemen, die den Patienten unangemeldet das Krankenhaus aufsuchen lassen, steht die Blutabnahme an erster Stelle. Das Ergebnis dauert dann etwa zwei Stunden und dann folgt das (unangemeldete) Arztgespräch, sodass es hier insgesamt zu etwas längerer Wartezeit kommen kann. Ansonsten bei vereinbarten Terminambulanzen dauert es in der Regel maximal eine halbe Stunde.

Können Sie uns einen konkreten Einblick in Ihren Arbeitsalltag geben, damit Patienten auch Ihre Sicht und Ihren Druck verstehen?
Mein Tag beginnt mit einer halbstündigen Morgenbesprechung, die laufenden Patiententermine vereinbare ich selbst mit meinen Patienten. Es folgen die Patientengespräche und parallel bin ich von 8.00 – 16.00 telefonisch erreichbar (rund 20 – 30 Telefonate pro Tag). Diese unterbrechenden Telefonate sind zwar für Patienten, die gerade mit mir ein Gespräch führen, nicht so angenehm. Aber andererseits wollen ja auch diese Patienten ein anderes Mal mich ebenso telefonisch jederzeit erreichen können. Weiters gehören Medikamentenbestellungen, allgemeine Terminkoordinationen, E-Mail Beantwortungen und Fallbesprechungen mit den Ärzten zu meinem Aufgabenbereich.

Welchen Top-Tipp wollen Sie Ihren Patienten vermitteln?
Alle unsere Patienten erhalten einen schriftlichen Arztbrief, an dessen Ende ein Procedere steht. Dieses beschreibt Details der weiteren Vorgehensweise (Blutabnahme wann, nächster Kontrolltermin), die für mich und die Patienten bindend ist. Oft wird diese wichtige Orientierungshilfe am Textende übersehen.

Danke für das Interview!

Autorin: Christine Gmeinder / Redaktion „Crohnicle“ der ÖMCCV

Kontaktdaten CED-Nurse DGKS Ivana Schmale
AKH Wien / Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie
UnivKlinik für Innere Medizin III
ivana.schmale@akhwien.at
(01)40400 – 47100