Mangelerscheinungen bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Chronisch Entzündliche Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa können die Aufnahme von Nährstoffen im Darm beeinträchtigen. Auch wiederholte Durchfälle, Blutverluste oder bestimmte Medikamente tragen dazu bei, dass der Körper wichtige Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente nicht ausreichend erhält.

Einige Mängel sind besonders häufig – und sie können verschiedene Beschwerden verursachen. Deshalb ist es wichtig, auf Warnzeichen zu achten und regelmäßig Blutwerte kontrollieren zu lassen.

Warum kommt es bei CED zu Mangelerscheinungen?

Mangelerscheinungen sind bei Chronisch Entzündlichen Darmerkrankungen keine Seltenheit. Sie entstehen durch eine Kombination aus mehreren Faktoren:

1. Entzündung der Darmschleimhaut

  • Bei einem Schub ist die Schleimhaut im Darm gereizt oder sogar geschädigt.
  • Dadurch kann der Körper viele Nährstoffe nicht richtig aufnehmen – besonders im Dünndarm bei Morbus Crohn.
  • Je nachdem, welcher Darmabschnitt betroffen ist, entstehen unterschiedliche Mängel (z. B. Vitamin B12 bei Schädigung des terminalen Ileums).

2. Chronische Durchfälle

  • Häufiges Entleeren des Darms führt zu Verlusten von Wasser, Elektrolyten und Mineralstoffen wie Kalium, Magnesium oder Zink.
  • Auch fettlösliche Vitamine (A, D, E, K) können schlechter aufgenommen werden.

3. Blutverluste

  • Bei Colitis ulcerosa oder ausgedehntem Morbus Crohn kann es zu sichtbaren oder unbemerkten Blutungen im Darm kommen.
  • Diese führen langfristig zu Eisenmangel und Blutarmut (Anämie).

4. Medikamente

  • Einige CED-Medikamente beeinflussen den Nährstoffhaushalt:
    • Kortison: erhöht Kalziumverlust, fördert Osteoporose.
    • Sulfasalazin: kann die Aufnahme von Folsäure behindern.
    • Methotrexat: steigert deinen Folsäurebedarf.
  • Auch bestimmte Antibiotika können die Darmflora stören und so die Aufnahme von Nährstoffen verschlechtern.

5. Eingeschränkte Ernährung

  • In akuten Phasen meiden viele Patient:innen bestimmte Nahrungsmittel aus Angst vor Beschwerden.
  • Das kann zu einer unausgewogenen Ernährung und Nährstoffmangel führen – vor allem bei längeren Phasen ohne ausreichende Energie- und Eiweißzufuhr.

6. Operationen am Darm

  • Besonders bei Morbus Crohn kann es notwendig sein, Teile des Darms operativ zu entfernen.
  • Wird z. B. das terminale Ileum entfernt, kann Vitamin B12 nicht mehr aufgenommen werden.
  • Auch die Rückresorption von Gallensäuren oder Fetten kann gestört sein.

Die häufigsten Mangelerscheinungen bei CED

Eisenmangel / Eisenmangelanämie

  • Sehr häufig bei CED – durch Blutverluste über die Darmschleimhaut oder chronische Entzündung.
  • Der Körper kann auch weniger Eisen aufnehmen, vor allem im Dünndarm (bei Morbus Crohn).
  • Symptome: Müdigkeit, Blässe, Leistungsabfall, Atemnot bei Belastung, Kopfschmerzen, brüchige Nägel.
  • Therapie: Eisenpräparate oral oder intravenös, je nach Schweregrad.

Vitamin B12-Mangel

  • Vor allem bei Morbus Crohn, wenn das terminale Ileum (Endstück des Dünndarms) betroffen oder operativ entfernt ist – dort wird Vitamin B12 aufgenommen.
  • Symptome: Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Kribbeln in Händen und Füßen, Gangunsicherheit, blasse oder entzündete Zunge.
  • Therapie: Injektionen oder hochdosierte orale Präparate.

Folsäuremangel

  • Häufig bei erhöhtem Zellumsatz (z. B. bei Entzündungen) oder unter bestimmten Medikamenten.
  • Symptome: Ähnlich wie bei Vitamin B12-Mangel – zusätzlich evtl. depressive Verstimmung oder Reizbarkeit.
  • Therapie: Folsäuretabletten, vor allem bei geplanter Schwangerschaft wichtig.

Vitamin-D-Mangel

  • Häufig bei CED – durch weniger Sonnenexposition, entzündliche Aktivität oder gestörte Aufnahme im Dünndarm.
  • Symptome: Knochenschmerzen, Muskelschwäche, Infektanfälligkeit, depressive Verstimmungen.
  • Risiko: Osteoporose, besonders bei Langzeit-Kortisontherapie.
  • Therapie: Vitamin-D-Präparate, ggf. kombiniert mit Kalzium.

Kalzium- und Magnesium-Mangel

  • Kalzium: Geringere Aufnahme durch Entzündung oder Medikamente (z. B. Kortison).
  • Magnesium: Geht bei Durchfällen verloren.
  • Symptome: Muskelkrämpfe, Herzrhythmusstörungen, Knochenschwäche.
  • Therapie: Angepasste Substitution, z. B. über Nahrungsergänzungsmittel oder Ernährung.

Eiweißmangel

  • Entsteht durch vermehrten Verlust über entzündete Darmschleimhaut, zu geringe Aufnahme oder unzureichende Ernährung.
  • Symptome: Gewichtsverlust, Muskelschwäche, Wundheilungsstörungen, Ödeme (Wassereinlagerungen).
  • Therapie: Eiweißreiche, gut verträgliche Ernährung; in schweren Fällen auch Trinknahrung oder Ernährungstherapie.

Zink- und Selenmangel

  • Gehen über den Stuhl verloren, vor allem bei anhaltendem Durchfall.
  • Zinkmangel: Schlechtere Wundheilung, Hautprobleme, Haarausfall, Infektanfälligkeit.
  • Selenmangel: Schwächung des Immunsystems, Schilddrüsenprobleme möglich.
  • Therapie: Substitution nach Blutkontrolle.

Was kann ich tun bei Mangelerscheinungen?

  • Blutwerte regelmäßig überprüfen lassen – besonders in Schubphasen oder bei neuen Beschwerden.
  • Ausgewogene, individuell angepasste Ernährung – ggf. mit Ernährungsberatung.
  • Substitution gezielt und ärztlich begleitet – Achtung: zu viel kann auch schaden.
  • Symptome ernst nehmen – Müdigkeit oder Konzentrationsprobleme haben oft eine behandelbare Ursache.

Infobox Blutwerte

Mangelerscheinungen bei CED sind meist die Folge aus gestörter Nährstoffaufnahme, Verlusten über den Darm und ungünstiger Ernährung – und können durch Medikamente oder Operationen zusätzlich verstärkt werden.

Deshalb ist es so wichtig, regelmäßig die Blutwerte zu kontrollieren, die Ernährung anzupassen und bei Bedarf gezielt und unter ärztlicher Aufsicht zu ergänzen.

Quellenangabe

Österreichische Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (OEGGH)
Leitlinien zu Anämie und Eisenmangel bei CED
www.oeggh.at/wissen-wissenschaft

Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie (DGVS)
S3-Leitlinien zu Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
www.awmf.org/leitlinien

DCCV e. V. – Deutsche Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung
Patientenbroschüren und Infos zu Ernährung, Blutwerten und Mängeln
www.dccv.de

Deutsches Ärzteblatt
Fachartikel zu Mikronährstoffdefiziten bei chronischen Darmerkrankungen
www.aerzteblatt.de